Page 14 - Luetjenburg_Erleben_03_2021
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LÜTJENBURG











                                                     Präsentiert von:     historisch






                                  Stadt Lütjenburg · Arbeitskreis Stadtarchiv



                                  Die Buchhandlung Ruscher


           Von der Plöner Straße zum Amaker Markt / Oberstraße und zum Marktplatz

         Christel Ruscher wurde als Tochter des Gärtners Friedrich Brüch-  das Jawort – am 28. 11. 1950 eröffneten die beiden ihre Buch- und
         mann und der Kindergärtnerin Hanne Brüchmann, geb. Müller, am   Schreibwarenhandlung „gegenüber der Kirche“.
         20. Dezember 1921 in der Plöner Straße Nr. 28 geboren und wuchs   Kennengelernt hatten sie sich im Sommer 1948 in der Leihbüche-
         dort unter einem Dach mit der Familie ihres Onkels Otto Brüch-  rei des Atlantis – Buchrings. Er: ein charmanter 38 Jahre alter, nicht
         mann auf (vgl. „Lütjenburg historisch“, Dez. 2016; Sigurd Zillmann:   sonderlich gläubiger katholischer Junggeselle aus Schlesien – hier
         „Friedrich – Karl Brüchmann – Der Gärtner von der Plöner Straße;   als  Flüchtling  gestrandet.  Sie:  elf  Jahre  jünger;  eine  eher  ernste,
         Sonderheft). Sie wurde 1928 eingeschult. Da ein Besuch des Gym-  stark  durch  die  evangelische  Kirche  geprägte  Lütjenburgerin,  die
         nasiums  auf  Grund  familiärer  Gegebenheiten  nicht  möglich  war,   1944 ihren Verlobten im Krieg verloren hat.
         endete  ihre  Schulzeit  mit  der                                               Kurt  Ruscher,  geboren  am  31.
         Mittleren  Reife.  Das  hauswirt-                                               01. 1910 in Frankenstein / Ober-
         schaftliche  Pflichtjahr  leistete                                              schlesien,  machte  eine  Lehre
         sie im Pastorat in Süsel ab und                                                 als  Textilkaufmann  und  arbei-
         ging  dann  als  Bürohilfe  nach                                                tete in diesem Beruf bis 1939 in
         Bad Hersfeld in ein Redaktions-                                                 Striegau. Während des Zweiten
         büro  für  mehrere  christliche                                                 Weltkrieges  diente  er  in  einer
         Zeitschriften  (Zweigstelle  des                                                Sanitätskompanie – zunächst als
         Burckhardthauses).  Als  die  Ar-                                               Schreiber  beim  Zahlmeister  –
         beitsbedingungen  durch  die                                                    später als Rechnungsführer. Am
         Behinderungen  der  National-                                                   06. Mai 1945 gelang es ihm, sich
         sozialisten  immer  schwieriger                                                 auf  der  „Ceuta“  von  Hela  nach
         wurden, begann sie im Novem-                                                    Kiel  zu  retten.  Es  verschlug  ihn
         ber 1939 vor Ort in der Hoehl-                                                  nach Lütjenburg, und er wohn-
         schen Buchhandlung eine Buch-                                                   te  zeitweilig  auf  dem  Speicher
         händlerlehre  und  blieb  dort                                                  hinter  der  Firma  Th.  Prahl  am
         nach  bestandener  Prüfung  als                                                 Markt. Bis Januar 1946 war er als
         Buchhändlerin tätig.                                                            Rechnungsführer  der  örtlichen
         Im  März  1943  wurde  sie  als                                                 Krankensammelstelle  tätig.  Da-
         Wehrmachtshelferin  dienstver-                                                  nach fand er eine Anstellung in
         pflichtet und nach einer sechs-                                                 seinem Beruf als Textilkaufmann
         wöchigen  Grundausbildung  im                                                   in  Plön  und  pendelte  zwischen
         Verwaltungsdienst   eingesetzt                                                  Lütjenburg und Plön. Ende 1948
         – zunächst in Rennes in der Bre-                                                zog  dann  auch  seine  fast  sieb-
         tagne, später dann in einer Ka-  Entwurf für den Bau des Buchgeschäftes der Eheleute Ruscher  zigjährige  Mutter  nach  Lütjen-
         serne in Pinneberg.       „an der Ecke gegenüber der Kirche in Lütjenburg“ von Karl Schö-  burg – sie war zum Kriegsende,
                                   ning (Juli 1950).
         Sie  arbeitete  als  Buchhändle-                                                unabhängig  von  ihrem  einzigen
         rin noch einmal von 1946 bis 1948 in Bad Hersfeld – kehrte dann   Sohn, von Schlesien nach Süddeutschland gelangt.
         aber doch zu ihrer seit fast 10 Jahren verwitweten Mutter nach Lüt-  Als das junge Paar plante, mit wenig finanziellen Mitteln ein eige-
         jenburg zurück. Hier war sie kurze Zeit im Atlantis – Buchring von   nes Geschäft aufzumachen, war man im Ort sehr skeptisch. Mutter
         Werner Stille tätig, dann als Säuglingspflegerin in der Familie Otto   Hanne Brüchmann, 1893 in Lütjenburg geboren und gut „vernetzt“,
         Brüchmann, später in der Buch-, Papier- und Spielwarenhandlung   hat nach eigenen Worten an viele Türen geklopft und sich um die
         Rudolf Husfeld am Markt 17 und zuletzt vom 01. 09. 1949 bis 01. 08.   Anmietung von Ladenräumen bemüht – vergeblich. Schließlich leg-
         1950 in der hiesigen Stadtverwaltung.                te ihre alte Freundin Dora Rosenberger bei ihrem Mann ein „gutes
         Am 07. 10. 1950 gaben Christel Brüchmann und Kurt Ruscher sich   Wort“ ein. Nun entstand die Idee eines kleinen Neubaus auf dem


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