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„HEIN LÜTTENBORG“
Von der Planung in 1878 bis zur letzten Fahrt in 1976
Bereits 1878 gab es erste Planungen für den Bau einer Schienen wurden durchgehend verschweißt. Bis dahin la-
Schmalspurstrecke (Spurweite 750 mm) von Eutin über gen die Schienen verlascht im einem Sandbett.
Sielbek, Benz nach Flehm und weiter über Lütjenburg nach Durch die persönliche Motorisierung und den Ausbau des
Hohwacht und von Flehm einen Abzweig über Oldenburg/ Linienbusnetzes wurde es für die Bahn immer schwieri-
Holstein weiter nach Heiligenhafen. Aber topographische ger. Bei der DB tauchten schon im Jahre 1964 Pläne auf,
Schwierigkeiten und der Einfluss des Malenter Kaufmanns zumindest den Personenzugverkehr einzustellen. Doch
Janus führten zum Bau der 17,3 Km langen Nebenbahn heftige Proteste der Fahrgäste und Politiker verhinderten
(Spurbreite 1435 mm) von Malente. Der Kaufmann Janus
betrieb das Hotel Holsteinische Schweiz, nach dem auch
der Bahnhof in Malente seinen Namen erhielt.
Der Vertrag zum Bau der Strecke wurde am 15.Mai 1888
unterzeichnet. Am Bahnbau waren bis zu 300 Arbeiter be-
schäftigt, darunter auch italienische Handwerker die das
Kossauviadukt erbaut haben. Die Strecke wurde dann in
mehreren Abschnitten eröffnet.
Im Jahre 1892 war es so weit, Lütjenburg war an das deut-
sche Eisenbahnnetz angeschlossen. Bis zu diesem Zeit-
punkt konnte man Lütjenburg nur mit der Postkutsche
erreichen. Für die Landwirtschaft brachte die Bahn große
Vorteile, denn vorher wurde das Vieh nach Plön getrie-
ben, um es von dort zum großen Viehmarkt nach Lübeck
zu transportieren. Durch den direkten Bahntransport von
Lütjenburg war das Vieh nicht nur schneller in Lübeck, son-
dern es wurde auch ein besserer Preis erzielt, da das Vieh
unterwegs kein Gewicht verlor. Ebenfalls neu war es, dass
landwirtschaftliche Produkte auf dem Seewege von Lütjen-
burg versendet werden konnten. Die Schiffe ankerten in
der Hohwachter Bucht und die Fracht wurde in Ruderboote
umgeladen, oder auch umgekehrt. Dieses Verfahren war
umständlich und zeitaufwendig, da nur bei ruhiger See be-
und entladen werden konnte.
Die größten Veränderungen auf der Strecke gab es in den
60er Jahren. Grund war der Truppenübungsplatz in Toden-
dorf in der Nähe von Lütjenburg. Für die bis zu 1400 Ton-
nen schweren Militärzüge musste die Strecke hergerichtet
werden. 1962/63 wurde auf der gesamten Strecke Schie- dieses zunächst. Am Sonnabend, den 29. Mai 1976 war es
nen vom Typ St 64 in ein neues Schotterbett verlegt. Die dann doch soweit: der Personenverkehr wurde eingestellt.
Der letzte Zug erreichte Lütjenburg um 17.49 Uhr und fuhr
dann als Leerzug zurück nach Lübeck. Leider war nicht
mehr zu ermitteln welcher Triebwagen am letzten Tag auf
der Strecke pendelte, aber wir wissen, dass es sich bei dem
Beiwagen um den 998 378-7 gehandelt hat. Zuletzt nutzten
rund 150 Fahrgäste täglich, die auf die Bahn angewiesen
waren, den Zug. An den letzten Betriebstagen waren alle
Züge restlos ausverkauft, alle wollten noch einmal mit Hein
Lüttenborg fahren. Den Transport der Fahrgäste übernah-
men nun Busse der Firmen Autokraft und Nölte. Die Fahr-
zeiten verlängerten sich von 30 auf 47 Minuten, wobei die
Zahl der Haltestellen auf 24 erhöht wurde.
Olaf Hamelau, IG Eisenbahn in Lütjenburg
www.eisenbahninluetjenburg.de
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